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Ensemble Sospiratem – Konzert und Gespräch „Übersetzer der Sehnsüchte“

Das Ensemble

Klang. Wort. Geschichten. Auf diesen drei Säulen steht die künstlerische Arbeit des Ensembles Sospiratem. Mit ihrer Musik erzeugen die Musiker*innen einen Klang, der authentisch und lebendig ist, an historisch informierter Aufführungspraxis orientiert und dennoch frei. Allen Programmen ist gemein, dass zwischen den Musikstücken Texte gelesen werden. Mit Musik und Text, Klang und Wort erzählt Sospiratem Geschichten: seelenvolle, wundersame, vergnügliche, kontemplative Geschichten, die für einen Abend die Zeit stehen bleiben lassen.

Das Leipziger Ensemble, das vor über zehn Jahren an der dortigen Hochschule gegründet wurde, hat im Laufe der Zeit viele verschiedene Alte Musik-Programme entwickelt und hat bereits in renommierten Konzertstätten wie dem Dom zu St. Blasien, Schloss Moritzburg, dem Bacharchiv Leipzig und vom Rhein bis ins Vogtland, von Osnabrück bis in den Bayerischen Wald gespielt.

Ensemble Sospiratem © Ewa Milun-Walczak
Ensemble Sospiratem © Ewa Milun-Walczak

Konzertprogramm

Das Programm „Übersetzer der Sehnsüchte“ stellt Werke der drei abrahamitischen Religionen nebeneinander, um ein gemeinsames Bild zu schaffen.

Die Cantigas de Santa Maria tragen schon im Namen eine zentrale Figur Christentums. Aber auch im Islam gilt sie als auserwählte Frau, im Judentum ist sie eine der größten Töchter des Volkes. Die Liedersammlung ist auf Geheiß des Königs von Kastilien und León, Alfons X. el Sabio (der Weise, 1221-1284) bis 1283 entstanden. Diese Sammlung ist nicht die einzige kulturfördernde Leistung des Königs. Er hat ebenso die berühmte Übersetzerschule (Katalanisch, Hebräisch und Arabisch) in Toledo wiederbelebt und dort den Austausch der Kulturen und Sprachen gefördert. Die Lieder sind rhythmisch vielfältig, schwungvoll und voller wundersamer Geschichten.

Ein weiterer christlicher Baustein ist das Kyrie und Gloria aus der Messe de nostre Dame von Guillaume de Machaut (ca. 1300-1377). Bei genauerem Hinhören und Sich einlassen auf die musikalisch besondere Sprache dieser Zeit, werden Assoziationen mit der Mittelmeerregion geweckt. Vielleicht lässt dies den Rückschluss zu, dass sich die Musik in früheren Jahrhunderten näher war als wir annehmen und sich erst mit zunehmender Zeit immer weiter auseinanderentwickelte.

Ebenso aus dem Mittelalter stammen die Verse, die zwischen den Musikstücken gelesen werden. Ibn alʿArabī (1165-1240) war Dichter aus dem damals muslimisch regierten Andalusien. Seine Texte sind voller Bildhaftigkeit und beschreiben eine tolerante, auf Liebe ausgerichtete Religionsauffassung. Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī (1207- 1273) war ein persischer Sufi-Mystiker, der in zweiter Ehe mit einer christlichen Frau verheiratet war und Ibn Arabi bei einem Aufenthalt in Damaskus getroffen haben soll. Er hat neben eigenen Schöpfungen auch ihm bekannte, lateinische Verse übersetzt. Offenheit anderen Kulturen und Religionen spielte offensichtlich in seinem Leben eine zentrale Rolle.

Zeitlich lassen sich die sefardischen Lieder nicht zweifelsfrei ins Mittelalter datieren. Wie aller Volksmusik gemein wurden die Texte und Melodien mündlich tradiert und erst mit dem erwachenden volkskundschaftlichen, bzw. später wissenschaftlichen Interesse im 18. und 19. Jahrhundert aufgeschrieben. Die heute nachvollziehbaren Überlieferungen stammen aus der gesamten Mittelmeerregion, haben aber ihre Wurzeln in den jüdischen Gemeinden Spaniens und Portugals im Mittelalter, mit Ladino, dem Judeo Spanischen als Verkehrssprache. Als die Juden 1492 (Spanien), bzw. 1497 (Portugal) endgültig von der Iberischen Halbinsel vertrieben wurden, trug die jüdische Gemeinschaft die sefardische Kultur nach Europa, den Nahen Osten und Nordafrika. Sefardische Musik wird wegen der hier vorherrschenden aschkenasischen Klezmertradition hierzulande selten gespielt. Sie ist aber nicht weniger unmittelbar und seelenvoll und zieht durch Lebensfreude und Melancholie in ihren Bann.

Auch wenn das spanische Mittelalter mit der Koexistenz von Christen, Muslimen und Juden zu Unrecht unter dem Begriff der „convivencia“ als ein goldenes Zeitalter verklärt wird, so ist es doch eine Periode, in der die Mitglieder der drei Religionen auf europäischem Boden gemeinsam lebten und lernten, sich zu tolerieren und zu respektieren und sich dabei kulturell auszutauschen.

Das Konzert findet am 25.05.2024 in der Apostel-Paulus-Kirche in Berlin-Schöneberg statt.

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