Das Bündnis reagiert nicht ausschließlich auf radikale (manifeste) Formen von Antisemitismus, sondern problematisiert auch die scheinbar weniger aggressiven. Antisemitismus tritt in vielen verschiedenen Formen auf (sprachlich, in Bildern, in stereotypen Zuschreibungen und Erwartungshaltungen an Juden und Jüdinnen, in der Ignoranz jüdischen Perspektiven gegenüber usw.) und auch aus Unkenntnis oder mangelnder Sensibilität erfolgte Äußerungen/Handlungen mit antisemitischem Gehalt entfalten ihre Wirkung. Antisemitismus darf nicht auf physische Gewalt verengt werden.
Zu den Grundsätzen des Bündnisses zählt, dass jede Form von Antisemitismus thematisiert und problematisiert wird, unabhängig davon, wo sie zu Tage tritt oder wer sie äußert. Antisemitismus tritt nicht nur in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen auf und stellt kein individuelles Vorurteil dar. Vielmehr verweisen einzelne antisemitischen Einstellungen, Äußerungen und Handlungen auf antisemitische Traditionen, in der eine lange Kontinuität sichtbar wird, die keineswegs auf die Vergangenheit beschränkt sind. Antisemitismus besitzt einen gesamtgesellschaftlichen und strukturellen Charakter. Über diesen hinwegzusehen und Antisemitismus nur bei einzelnen Personen oder Trägergruppen dingfest zu machen, führt zu einer Auslagerung des Phänomens auf jeweils „problematische Andere“.
Bedeutsam für eine gelingende Arbeit gegen Antisemitismus ist das Wissen um die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Diskriminierungsformen. Sie treten häufig gemeinsam auf und teilen einige Strukturmerkmale (wie das Fremdmachen der mutmaßlich „Anderen“). Für ein wirksames Engagement gegen Antisemitismus ist gleichzeitig Wissen um seine Besonderheiten von Antisemitismus gegenüber anderen Ungleichheitsideologien wichtig (Antisemitismus als Weltbild, die Fantasie jüdischer Macht oder der Glaube an Verschwörungen). Die Anerkennung eines spezifischen Charakters von Antisemitismus bedeutet dabei nicht, dass andere Ungleichheitsideologien wie etwa Rassismus als weniger gravierend verstanden werden.
In diesem Sinne setzt das Bündnis Impulse und koordiniert die Arbeit von lokalen Initiativen, die sich den gemeinsamen und hier ausformulierten Grundsätzen verpflichtet fühlen und Antisemitismus im Rahmen ihrer jeweiligen Projekte und Maßnahmen einzudämmen versuchen.
Darüber hinaus ist es dem Bündnis ein Anliegen, die Vielfalt jüdischer Lebenswirklichkeiten in Tempelhof-Schönberg zu stärken und sichtbarer zu machen.