„Schwester, was bleibt uns denn?“
Ein Theaterstück in Lichtenrade
Im Zuge der Aufführungen um ein Theaterstück veröffentlicht die Geschichtswerkstatt Lichtenrade die Broschüre „… diese Menschen in den braunen Uniformen waren wie verblendet …“.
04. Januar 2024
Die Geschichtswerkstatt Lichtenrade hat vor fast 40 Jahren begonnen, die Geschichte des südlichen Tempelhofer Ortsteils im Nationalsozialismus zu erforschen und darüber zu berichten. So auch über die Ereignisse in der Silvesternacht 1932/33, als Erich Hermann, ein junger Kommunist aus einer Lichtenrader Arbeiterfamilie durch einen SA-Mann erstochen wurde. Diese Geschichte führte in Lichtenrade vor genau 20 Jahren zu der Benennung des Platzes an der Wünsdorfer Straße/ Ecke Blohmstrasse in „Erich-Hermann-Platz“. Die historischen Hintergründe sind von der Lichtenrader Geschichtswerkstatt jetzt erneut in einem Buch publiziert worden.*
„Schwester, was bleibt uns denn?“ – Szenenbild
Außerdem wurde das Thema vom selbstorganisierten Theater-Ensemble „Tütü Sabotage“ (mit der integrierten Band „Trörö Sabotage“) zu einem Theaterstück verarbeitet, das an drei Abenden im Dezember 2023 – mittlerweile zum dritten Mal – aufgeführt wurde. Premiere war bereits im Juni 2022. Die bewegende Inszenierung wurde vom Publikum auch diesmal mit großer Begeisterung für die schauspielerische Leistung und für die gelungene und detailreiche Umsetzung des historischen Stoffes aus der Perspektive der Schwester Erich Hermanns aufgenommen. Sie führt wie in einem Sittengemälde in die Lichtenrader Gesellschaft am Ende der Weimarer Republik und in die damaligen politischen Konflikte, die im „Zeitalter der Extreme“ auch mit Gewalt ausgefochten wurden und schließlich im Faschismus endeten.
Da nur noch wenige Zeitzeugen von dieser Zeit authentisch berichten können, ist das Theater eine wertvolle Methode, nicht nur um Wissen zu vermitteln, sondern auch um die emotionale Ebene bei Menschen anzusprechen. Empathie ist Voraussetzung für humanistisches Handeln in der Gegenwart.
Dafür setzt sich das Theater-Ensemble ein, ebenso der Verein „Lichtenrade Solidarisch“, in dessen Räumen in der Wünsdorfer Straße 56 die Inszenierung erfolgte. Die engagierten jungen Menschen des Vereins bauen dort derzeit ein soziales Zentrum mit vielen Angeboten auf und wollen mit der Lichtenrader Nachbarschaft so in Kontakt kommen und sich vernetzen.
Wer das Stück noch nicht gesehen hat, kann dieses am 25.01.2024 nachholen. Anmeldungen für die Theater-Aufführung sind aufgrund der begrenzten Platzzahl notwendig unter tutusabotage@mailo.com
Die Broschüre liegt in der Geschichtswerkstatt aus und kann hier heruntergeladen werden.
Ruth Zantow und Andreas Bräutigam
(Berliner Geschichtswerkstatt e.V., Projektgruppe Geschichtswerkstatt Lichtenrade)
* Berliner Geschichtswerkstatt e.V. (Hrsg.): „…diese Menschen in den brauen Uniformen waren wie verblendet …“ Direkt vor der Haustür – SA, Arbeitsdienst und nationalsozialistischer Terror in Berlin Lichtenrade 1932/33. Der SA-Mord an Erich Hermann. Berlin (Eigenverlag der Berliner Geschichtswerkstatt e.V.) 2023.